Ein Hang zu Höhlen

Wer kann sich nicht daran erinnern, als Kind mit Decken, Kissen, Kartons und allem was brauchbar erschien, Höhlen gebaut zu haben?

Sie waren Rückzugsort, geheimnisumwoben, ein kleiner Raum, den man voll unter Kontrolle hatte, in dem man der ´Bestimmer ´war! Das ist wohl ein Urbedürfnis, bis heute!

Größere Kinder –  größere Höhlen (Hütten, Buden)

Richtig interessant wird es erst, wenn man die Erwachsenen noch mehr auf Abstand bringen kann. Da bleibt der folgerichtige Schluss, auszuwandern, nämlich nach draußen! Zunächst einmal kann das Baumaterial nicht dasselbe sein, wie drinnen. Wetterfest sollte es sein und ´nachhaltig´. Wir konnten uns noch in ´freier Wildbahn´ austoben, in verwilderten aufgegebene Schrebergärten Obst ernten, im Wald Stockunterstände bauen, auf brachliegenden Flächen Geheimverstecke entdecken.

Solche Flächen werden immer seltener und müssen heute eher geschützt werden, weil sie die letzten Refugien für die zurückgedrängte Wildfauna und Flora sind, ganz besonders im urbanen Umfeld. Trotzdem brauchen Kinder den Bezug zur Natur, den Umgang mit natürlichen Materialien, die Beobachtungen und Erfahrungen, das Ausprobieren und das Dreckigwerden. Wir brauchen zukünftige Generationen, die Natur besser verstehen und diese Erkenntnisse kommen eben auch übers Spielen. Verschafft euren Kindern solche Möglichkeiten!  Ein bisschen Bullerbü ist im kleinsten Garten möglich!

Wie geht dann Höhle im Garten?

Es gab eine Zeit, da waren sogenannte Abenteuerspielplätze angesagt! Nun fordere ich nicht, dass man im Garten altes Bauholz, Kisten und Paletten bevorratet. Je kleiner der Garten, umso schwieriger wird es ohnehin, allen Wünschen gerecht zu werden und ein gewisser ästhetischer Anspruch der Eltern an den Familiengarten ist absolut berechtigt und gehört ins Gartenkonzept. Aber ´Fertighäuser‘ in Form von grellbunten Plastiksteckbausätzen sind auch nicht die Lösung. Die Vielfalt der Spielhausvarianten aus Holz bewegt sich schon mal im Bereich des angemessenen Materials für den Garten. Was fehlt, ist die kindliche Freiheit selber zu gestalten und die Möglichkeit den Rückzugsort immer wieder anzupassen. Aus dem Spielhaus sind die Kinder schneller herausgewachsen als man erwartet hatte, das Interesse schwindet und der ursprünglich möglicherweise richtig kostspielige Holzbau steht wie ein Monument im Garten.

Die Alternative: Das berühmte Weidentipi (oder Iglu oder Weidentunnel oder Flechtzaunhütte…)

Weidenruten sind ein uraltes, bewährtes, günstiges und unglaublich vielfältig einsetzbares Baumaterial! Es ist nachhaltig und ökologisch wertvoll, ungiftig und recyclebar (auf dem Kompost zum Beispiel oder als gehäckselte Mulchschicht). Dadurch, dass Weidenruten und Steckhölzer sich sehr gut bewurzeln, kann das Nuturerleben schon mit der Beschaffung des ersten Materials beginnen. Wenn zum Beispiel im Herbst Kopfweiden geschnitten werden, kann man vor Ort um geeignete Weidenruten bitten. (ein schöner Familienausflug!) Diese werden zum Bewurzeln gebracht und können im nächsten Frühjahr, wenn die Gartensaison beginnt, für das Projekt ´lebende Höhle´ gesetzt werden, ganz nach Wunsch und Möglichkeiten. Hier beginnt schon das Erlebnis Garten bei der Materialbeschaffung und Vorbereitung. Wir beobachten, formen und erleben wie sich der Einfluss der Jahreszeiten  in unserem ´Bau ‘ wiederfindet und das Projekt im wahrsten Sinne wächst. Das erfordert die berühmt berüchtigte gärtnerische Geduld! Gärtnern ist eine Schule fürs Leben. Aber am Ende steht eine Eigenkreation! Die Kinder lernen, dass man sich kümmern muss, dass man es mit etwas Lebendigem zu tun hat. Wenn dann die Wände mit dem Laubaustrieb blickdichter werden und die Höhle oder das Tipi bezogen werden, ist der Triumph groß. Dann fehlt nur noch das Proviantpacket.

Dies ist nun die ebenerdige Hüttenvariante. Die Königsdisziplin ist natürlich das richtige Baumhaus! Dazu muss allerdings der richtige Baumbestand im Garten vorhanden sein. Das sind leider rare Gartenschätze und nur wenige werden sich diesen Kindheitstraum erfüllen können.

Da kommen allerdings nochmal die fertigen Holzspielhäuser, insbesondere die, die auf Stelzen stehen, ins Spiel! Beim traditionellen Baumhaus gilt: Erst der Baum, dann die Bude. Bäume pflanzt man für die nächsten Generationen. Wenn nun unser Großvater dahingehend nicht vorgesorgt hat, machen wir es einfach umgekehrt, um das Baumhausambiente in unseren (kleinen) Garten zu holen: Erst das Haus und dann das Grün drumherum! Genau, das Stelzenhaus wird begrünt, bzw. eingegrünt. Das Gefühl in einem Versteck zu sitzen kommt doch erst richtig auf, wenn Blattwerk die eigentliche Hütte kaschiert. Dafür können wir unter anderem auch wieder bewurzelte Weidenruten so um das Spielhaus setzten, dass in kürzester Zeit ein grünes Dickicht das Bandenquartier verbirgt.

Wenn die Weiden als zu kompakt empfunden werden (sie bilden durchaus ansehnliche Stämme im Laufe der Zeit) oder der zur Verfügung stehende Raum zu knapp wird, funktioniert auch die Begrünung durch wüchsige Kletterpflanzen z.B. Kiwi, wilder oder echter(!) Wein, hier spielt der Pflanzenstandort allerdings eine wichtige Rolle. Er muss zum Kletterer  passen. Wenn dies gut abgestimmt ist, ist sogar eine Ernte aus dem ´Baumhaus‘ heraus möglich! Das Prinzip Begrünung verfolgt man auch beim Tipi aus langen (Bohnen)-Stangen, welches ebenfalls durch Kletterpflanzen zum Versteck wird. Umpflanzt man das Spielhaus, ob hoch oder ebenerdig, mit hohen Gräsern (zum Beispiel Chinaschilf oder Bambus: Achtung Wurzelsperre!), ergibt sich wieder eine ganz andere Optik

Ohne direkte bauliche Elemente kommen die klassischen Verstecke im Garten aus! In einem alten eingewachsenen Garten kann das z.B. der Raum unter/hinter einer Fichtenpflanzung sein. Offene Seiten lassen sich durch eine vorgesetzte Blütenhecke schließen. Im Inneren kann man meist die Stämme etwa bis Kinderkopfhöhe freischneiden. Oft verkahlen die Fichten ohnehin von innen und unten. Die Nadelstreu am Boden vermittelt schon das Gefühl von Waldversteck.

Diese Möglichkeit bietet ein neuer Garten in der Form zwar nicht und ich würde nicht empfehlen deswegen eine Menge von Nadelgehölzen zu pflanzen. Aber auch aus schnittverträglichen Gehölzen wie Hainbuchen, Rotbuchen und all den anderen Heckenpflanzen (für Kinderspielbereiche nicht die giftigen verwenden!) lassen sich Lauben gestalten, die auch mal ein Lieblingsplatz für die Großen werden können.

Die Gartenschöpferei

Wer das Glück hat einen älteren Garten übernehmen zu können, sollte grundsätzlich sehr gut prüfen, wieviel ´Umgestaltung´, sprich Rodung sein muss. Wenn Kinder hier einziehen, nehmen sie die besten Verstecke in Beschlag. Denn manchmal entstehen im Garten grüne Höhlen und Verstecke ganz ungeplant und allmählich: Ein alter Kirschlorbeer, der innen alle Blätter abgeworfen hat, dafür aber fabelhafte `Sitzbalken´ bietet. Mein Großvater besaß eine wunderschöne alte Trauerweide, deren Krone bis zum Boden reichte und nicht nur eine Höhle bildete, sondern mir, mit meinen fünf Jahren, wie ein grüner Dom erschien und unglaublich faszinierend war.

Bleiben Sie gelassen!

Gestalten sie den Garten um solche Verstecke und Höhlen herum. Wenn die Kleinen die Höhle verlassen, kann immer noch ein neues Gartenprojekt in Angriff genommen werden. Und vielleicht lässt sich das Versteck dann öffnen und zu einem heimeligen Sitzplatz in der Morgensonne umgestalten, um den Tag mit einem ersten Kaffee zu starten und über neue Gartenideen nachzudenken!

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